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Dieser Bericht ist seit dem 24.04.2007 online.

Tätigkeitsbericht vom 6.03.1996

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Auch ich möchte Euch ganz herzlich zu unserer von Euch allen wohl auch mit Spannung erwarteten ersten Versammlung im neuen Jahr begrüßen und unseren wiederum einstimmig beschlossenen Tätigkeitsbericht vortragen.

Vetterleswirtschaft bei geheimnisumwittertem Aktiendeal! – Wie verdiene ich auf die schnelle Tour eine goldene Nase?

Wie in unserer Einladung schon angekündigt, werden wir heute schwerpunktmäßig auf den geheimnisumwitterten Aktiendeal eingehen mit dem sich bestinformierte Insider versprachen, auf die schnelle Tour eine goldene Nase zu verdienen.

Zunächst einmal wollen wir unseren Geschäftsführer, Herrn Max Krux, den ich hiermit ebenfalls recht herzlich begrüße, zu Wort kommen lassen. In seiner neuesten Mitarbeiterzeitung weiß er zu berichten:

»Das neue Jahre begann mit einer Presseaktion, welche die Grenzen der gebotenen Objektivität und Sachlichkeit seriöser Berichterstattung weit überschritten hat. In meinen nunmehr 19 Dienstjahren in Bad Raffnur habe ich eine derart lancierte Kampagne noch nicht erlebt. Vom ersten Tag meines Wirkens an habe ich mich mit unseren Gesellschaften identifiziert und mich für ihre – wie auch für die Weiterentwicklung unseres Kurortes insgesamt – nach allerbesten Kräften eingesetzt. Und so war es weder juristisch unkorrekt noch moralisch verwerflich, daß ich nun auch ein finanzielles Engagement eingegangen bin. Doch – »bad news are good news« – die Journaille läßt grüßen!«

Was hatte nun diese Journaille so Niederträchtiges über die hehren Absichten und das finanzielle Engagement der Kurverantwortlichen zu verkünden? Zumal doch der Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung vom 21. Dezember 1995 mit zur Steigerung der vorweihnachtlichen Stimmung in diesem erlauchten Kreis beigetragen hat, denn: Was war da zu lesen?

»Im Nebenzimmer des Salinenhotels herrschte beste Stimmung. In nur sieben Minuten, so registrierte ein Teilnehmer der Runde beim Blick auf die Uhr, hatte man den großen Wurf vollbracht. Die Weichen für die bedeutendste rechtliche und finanzielle Transaktion in der jüngeren Geschichte der Raffnauer Kur waren gestellt. Die Salbader-Klinik, bisher eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und eine 75-prozentige Tochter der Schwatzburg-Klinik, konnte zur Aktiengesellschaft umfirmieren; die Geldgeber für die damit verbundene Kapitalerhöhung waren gefunden.

Die Freude über den raschen Deal hatte noch einen weiteren Grund: Die Klinik, ein prosperierendes Unternehmen mit zuletzt 28 Millionen Mark Umsatz, versprach den frischgebackenen Aktionären eine saftige Rendite und kräftige Wertsteigerung. Und das Schöne dabei: Die gewinnbringende Anlage kursierte ausschließlich in jenen Kreisen, die die Dividende bestimmen.

Was an jenem Montag im Mai hinter den verschlossenen Hoteltüren beratschlagt wurde, birgt Zündstoff und könnte als exemplarischer Fall von Selbstbedienung und »Vetterleswirtschaft« in die Raffnauer Annalen eingehen. Die Liste der Beteiligten liest sich wie das »Who is who« der Kurstadt mit Bürgermeister, Kurdirektor, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensgrößen. Sie halten jetzt die Mehrheit an der bislang halb-öffentlichen Rehabilitationsklinik. Sie waren es, die die Aktien ausgaben und als erste den Finger streckten, als die Wertpapiere verteilt wurden.

Es ging um 1,5 Millionen Mark, die man zur Verdoppelung des Stammkapitals brauchte, um die neue Aktiengesellschaft fit zu machen für die anstehenden Investitionen. Während in der freien Wirtschaft derartige Kapitalaufstockungen gerne genutzt werden, um Geschäftspartner enger an sich zu binden oder um die Belegschaft am Unternehmenserfolg zu beteiligen, dachte man bei der Salbader-Klinik eher an sich.

Bei der Suche nach den Geldgebern wurde die Gesellschafterversammlung, an ihrer Spitze Kurdirektor Max Krux als Geschäftsführer der bisherigen GmbH und Bürgermeister Gerd Zimpelmann, als Verwaltungsratsvorsitzender und Vertreter der Mehrheitseignerin Schwatzburg-Klinik, nämlich umgehend fündig:

Max Krux kaufte sich mit 300 000 D-Mark ein und erwarb dafür 30 Aktien im Nennwert von jeweils 10 000 Mark. Herbert Bestech, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats und bereits Anteilseigner der Schwatzburg-Klinik, stieg mit 135 000 D-Mark ein, während seine Frau Inge Aktien im Wert von 130 000 Mark zeichnete. Rudolf Forderer, Statiker aus Östringen und Planer in Diensten des Kurbetriebs, brachte 200 000 D-Mark ein. Klaus Hohlmann, Rechtsanwalt aus Brühl und gleichfalls Verwaltungsratsmitglied, nahm Aktien im Wert von 100 000 D-Mark.

Aber auch die engsten Geschäftspartner sollten nicht leer ausgehen: Irmgard Werber, Ehefrau des Mosbacher Wirtschaftsprüfers Wolfgang Werber, dessen Büro Odenwald-Treuhand die Bilanzen der Klinik erstellt, war mit 100 000 D-Mark mit von der Partie. Bürgermeister Zimpelmann selbst hielt sich zurück. Dafür gehört jetzt Gattin Lieselotte mit zehn Aktien im Wert von 100 000 D-Mark zu den Eigentümern, und wurde die Verwandtschaft des Stadtoberhaupts in Altlußheim mit einem weiteren Aktienpaket zu 100 000 D-Mark bedient.

Der Wertpapierkauf – der juristisch in Ordnung ist – hat gute Aussichten, ein Schnäppchen zu werden. Zwar legte die Hauptversammlung den Aktionären einen Zuschlag von 30 Prozent auf den Nennbetrag auf, wie er bei der Neuausgabe von Aktien üblich ist, aber dafür sicherte man sich bemerkenswerte Konditionen: Da ausschließlich Vorzugsaktien gezeichnet wurden, sind den Kapitalanlegern höhere Dividenden sicher. Sollten die Renditeprozente unter acht Prozent fallen, so gibt es einen Bonus von zwei Prozent. Und sollte die Dividende zwischen acht und zehn Prozent pendeln, ist eine Aufstockung von einem Prozentpunkt fällig.

Aber dies wäre dann schon ein Einbruch in der bisherigen Gewinnbilanz, denn in den letzten Jahren gab es bei Überschüssen zwischen 2,4 und 3,9 Millionen D-Mark regelmäßig eine Ausschüttung von zwölf Prozent auf das Grundkapital – eine Marke, von der gewöhnliche Sparer nur träumen können.

Und das Risiko dürfte sich in Grenzen halten, solange sich die Anleger bester Kontakte zur Hauptversammlung, die die Höhe der Dividende festlegt, rühmen können. Und um diese Querverbindung ist es auch in der AG gut bestellt, bilden doch Gerd Zimpelmann, Herbert Bestech und Klaus Hohlmann den ersten Aufsichtsrat und fungiert auch Max Krux in der neuen Firma als Vorstand.«

Diese, in der Zeitung abgedruckte, bitterböse Zeitgeist-Posse bringt einiges zum Ausdruck über die moralischen Qualitäten und die Selbstbedienungsmentalität der Bosse und Macher, und dies in einer Zeit, die durch Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau, durch tiefste existenzielle Ängste, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit für breite Bevölkungsschichten geprägt ist.

Da sprach sicherlich ein Leserbriefschreiber vielen aus dem Herzen, als er seinen Spott über diese Neureichs ausschüttete:

»Freuen wir uns nicht alle mit jenen, die sich ein solches Weihnachts-Aktienpaket unter den Christbaum gelegt haben? Die Tatsache, daß eine solche finanzielle Transaktion bei der hiesigen Salbader Klinik durchgeführt wurde, ist ein Hohn für alle Beschäftigten der Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur.

Wie man hört, waren dort harte Verhandlungen des Betriebsrats nötig, um das Weihnachtsgeld zu sichern. Damit ein paar Wenige satte Kapitalerträge einsacken können, sollte bei den Mitarbeitern, die maßgeblich zum Betriebsergebnis beigetragen haben, gespart werden.«

Daß solch eine Umwandlung unter Einbindung der Beschäftigten, der wichtigsten Ressource – nämlich unserem Humankapital – auch ganz anders, zukunftsweisend, hätte angelegt werden können, wollen wir mit unseren Vorschlägen im weiteren Verlauf dieses Berichtes ausführen, den wir im wesentlichen als eine Dokumentation verstehen, weswegen wir auch sehr umfangreich zitieren. Doch zurück zum Thema und schön der Reihe nach.

Um authentisch Zeitzeugen zu Wort kommen zu lassen, luden wir mit Schreiben vom 29. Januar 1996 den Aufsichtsratsvorsitzenden der Salbader Klinik AG, Herrn Bürgermeister Zimpelmann, zu unserer 1. Betriebsversammlung im Jahr 1996 ein.

Zwar ließ uns sein Sekretariat noch am 31. Januar 1996 wissen, daß der Herr Bürgermeister nur noch am Vormittag des 6. März 1996 Zeit habe, womit wir ja halbwegs einverstanden gewesen wären, denn am Nachmittag hätten wir die Ausführungen von Herrn Zimpelmann zusammenfassend vortragen können. Diese Zwischenlösung erübrigte sich aber, denn schon einen Tag später unterrichtete uns Herr Zimpelmann wie folgt:

»An der Betriebsversammlung wird ein Mitglied der Geschäftsleitung teilnehmen. Mir selbst ist aus zeitlichen Gründen eine Teilnahme nicht möglich.«

So schnell füllt sich halt der Terminkalender eines rechtschaffenden Bürgermeisters. Er führt dann noch eher nichtssagend, aber salbungsvoll aus:

»Mit Interesse habe ich Ihr Schreiben gelesen. Sie dürfen versichert sein, daß der Verwaltungsrat der Kur- und Klinikverwaltung auch in Zukunft umfassend informiert wird, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. Seit der Gründung im Jahre 1978 arbeitete die Kur- und Klinikverwaltung mit allen angeschlossenen Betrieben sehr erfolgreich.

Ich persönlich und auch die Geschäftsleitung bringen immer wieder den Dank und die Anerkennung gegenüber den Mitarbeitern zum Ausdruck. So ist es mein Wunsch, daß insbesondere zwischen Betriebsrat und der Geschäftsleitung diese vertrauensvolle Zusammenarbeit praktiziert wird.«

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Auf Diskretion wird größten Wert gelegt, denn die Vorlage lautet: Gut verdient, leicht verdient, selbstbedient!

Lassen wir dieses Schreiben zunächst unkommentiert und verfolgen wir die weiteren Recherchen in der Zeitung. So beerichtet die RNZ vom 28. Dezember 1995 unter der Überschrift »Auf Diskretion den größten Wert gelegt«:

»Die umstrittene Aktienverteilung bei der Umwandlung der Salbader-Klinik in eine Aktiengesellschaft wird ein Nachspiel haben: Kritische Fragen zu den Modalitäten der Umfirmierung und zur Ausgabe der Wertpapiere haben Stadträte des Raffnauer Gemeinderats und Verwaltungsräte der Kur- und Klinikverwaltung an die Adresse von Bürgermeister Gerd Zimpelmann und Kurdirektor Max Krux angekündigt.

Wie inzwischen bekannt wurde, wußte nicht einmal der KuK-Verwaltungsrat als oberstes Beschlußgremium der städtischen Holdinggesellschaft Genaueres über die AG-Gründung, bei der sich die Kur-Oberen den Zugriff auf die Vorzugsaktien sicherten . In einer Sitzung im Frühjahr dieses Jahres war das Gremium nur vage ins Bild gesetzt worden – und erst, nachdem aus den Reihen des 13-köpfigen Verwaltungsrats eine entsprechende Anfrage kam. Wer die Aktien bekommen sollte und schließlich auch erhielt, war den Räten bis zum Schluß unbekannt.

Offenbar legten die Aktienkäufer der Salinen-Klinik von Anfang an größten Wert auf Diskretion. Diesen Schluß legt das Prozedere der Umfirmierung nahe. Während bei Kapitalaufstockungen bei gleichzeitiger AG-Gründung in aller Regel schrittweise vorgegangen wird und zunächst GmbH-Anteile ausgegeben werden, um sie anschließend in Aktien umzuwandeln, wählte man in Rappenau ein ungewöhnliches Verfahren: Zunächst wurde die GmbH in eine AG umgewandelt, und dann wurden Aktien ausgegeben. Der gravierende Unterschied: Neue Teilhaber einer GmbH werden öffentlich bekannt gemacht. Bei einer AG unterbleibt dies jedoch.«

An dieser Stelle sei kurz noch mal an die Antwort vom Bürgermeister auf unsere Einladung erinnert. Was er sonst noch zu seiner Entschuldigung verlauten ließ, ist der Heilbronner Stimme vom 30. Dezember 1995 zu entnehmen:

»Der besinnlichen Tage zum Trotz kommt Bad Raffnur einfach nicht zur Ruhe. Zu sehr bewegte der kurz vor Weihnachten bekanntgewordene Aktien-Deal im Rahmen der Umwandlung der Salbader Klinik GmbH in eine AG die Gemüter.

Dabei waren Stadt- und Kurverwaltung, insbesondere Kurdirektor Max Krux und Bürgermeister Zimpelmann bzw. dessen Familie, der Vorwurf der Kungelei gemacht worden.

Während die sich damit verteidigten, sie hätten juristisch einwandfrei gehandelt, brodelte es im Kurstädchen weiter. Von »Selbstbedienung« und »selbstherrlicher Gewinnmaximierung« sprach beispielsweise der Betriebsrat der Kur-und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH.

Ob solcher Angriffe kündigte Bürgermeister Gerd Zimpelmann gestern an, Aktien im Wert von 200 000 D-Mark, die seine Frau und sein Schwiegervater erworben hatten, wieder verkaufen zu wollen. Ein Schuldeingeständnis ist das für ihn indessen nicht. Vielmehr sei zur Aufstockung der Mittel der Salinen Klinik »Risikokapital« benötigt worden.

Als Verantwortungsträger – Zimpelmann ist Aufsichtsratsvorsitzender der neuen AG – habe er sich »verpflichtet gefühlt« und sei von Gründungsgesellschaftern aufgefordert worden, in jene Klinik zu investieren.

All diese Maßnahmen, so Gerd Zimpelmann, beschlossen die Gründungsgesellschafter: Ehrbare Personen, die vor 30 Jahren sämtliche Barmittel zum Bau der Salbader Klinik eingebracht hatten. Ihre Vorgabe bei der Suche nach neuen Geldgebern sei es gewesen, »den Akionärskreis überschaubar zu halten«. So sucht der Bürgermeister den Eindruck zu relativieren, daß nur Eingeweihte an dem Geschäft beteiligt sind.

Gekränkt durch die Angriffe, die auch seine Familie sehr betroffen gemacht hätten (»Wir alle haben es gut gemeint«), will sich Gerd Zimpelmann nun von den umstrittenen Aktien trennen. Seine Konsequenz: »Ich werde mich nicht mehr persönlich engagieren.« Seine Befürchtung: »Das macht Betriebe kaputt.«

Welch ein Hohn springt einem aus diesen Zeilen entgegen. Die ehrenwerte Gesellschft fabuliert über Risikokapital und garantiert sich eine Dividendenausschüttung von zwölf Prozent. Deswegen meldete sich eine weitere Leserbriefstimme zu Wort, und die kann ich ruhig mal beim Namen nennen, das war ich höchstpersönlich:

»Schenkt man den Ausführungen von Bürgermeister Gerd Zimpelmann Glauben, dann müßten einem wegen seines nunmehr selbstlosen Engagements zur Firmenumwandlung und der architektonischen Neugestaltung der Salbader Klinik die Tränen in die Augen schießen. Larmoyant und dennoch aufbockend fühlt er sich im Kreise »ehrbarer und um die Stadt verdienter Personen« zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Schließlich habe er als Verantwortungsträger die Überzeugung von der Wirtschaftlichkeit der bevorstehenden Investition unterstreichen wollen, weswegen er zwar nicht für sich, so doch aber für seine Ehefrau und den Herrn Schwiegerpapa jeweils ein 100 000 D-Mark schweres Aktienpaket als Risikokapital gezeichnet habe. Dabei muß ihn diese Leerformel vom Risikokapital offensichtlich beeindruckt haben, denn gleich mehrfach verewigte er sie auf dem Papier.

Doch dieses angebliche Risikokapital hätte sich wohl jeder Normalbürger kreditieren lassen, wenn ihm die Vorzugsaktien mit zusätzlichen Bonuspunkten versüßt worden wären. Bei einer im Durchschnitt zu erwartenden Rendite von zwölf Prozent würde es überhaupt keine Probleme bereiten, sich die entsprechenden Geldbeträge auf dem Kapitalmarkt zinsgünstig zu besorgen.

Unter diesen Konditionen sollte eher von der wundersamen Geldvermehrung fabuliert als heuchlerisch von Risikokapital geschwallt werden, denn nur Insiderwissen eröffnet einem solch lukrative Geschäfte. Daß nicht nur ehrbare Bürger aus Bad Raffnur über diesen heißen Draht verfügten, ist sicherlich ein Verdienst des Wirtschaftsprüfers, Wolfgang Werber, der dafür Vorsorge trug, daß sich der »überschaubare Aktionärskreis« bis in die Region Mosbach ausdehnen konnte.

Aber kommen wir zu Bürgermeister Zimpelmann, seines Zeichens auch Landtagsabgeordneter der CDU und vielfacher Aufsichts- und Verwaltungsratsvorsitzender in einer Person, zurück. Es ist schon beachtenswert, wenn er in der Zeitung verlauten läßt, »Aktien im Wert von 200 000 DM, die seine Frau und sein Schwiegervater erworben haben, wieder verkaufen zu wollen«. Da wird doch die Frau Gemahlin wohl noch ein Wörtchen mitreden dürfen, oder?

Auch wenn Bürgermeister Zimpelmann von diesem garantiert risikolosen Kapitaleinsatz Abschied zu nehmen hatte, so wird er fortan nicht darben müssen. Schließlich fungiert er in zahlreichen Aufsichts- und Verwaltungsräten als Vorsitzender, und das nicht nur als ehrenamtlicher Verantwortungsträger.

Da allein schon der vierköpfige Verwaltungsrat der Salbader Klinik laut Zeitungsbericht ein Salär von 33 000 D-Mark bezieht und ein Vorsitzender üblicherweise den doppelten Betrag eines Verwaltungsratsmitgliedes einstreicht, muß man sich allenfalls eine Krokodilsträne aus dem Knopfloch drücken.

Bei Summierung sämtlicher nebenberuflicher Verwaltungsratsentschädigungen errechnet sich leicht ein Betrag, den ein Facharbeiter oder mittlerer Angestellter als Jahreseinkommen für sich verbuchen kann. An dieser Stelle sollte sich auch der Gemeinderat einmal so seine Gedanken machen.«

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Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Aktienaffäre – Wertpapiergeschäfte haben der Stadt hohe Vermögensverluste eingebracht

Am 19. Februar 1996 waren der Rhein-Neckar-Zeitung dann folgende Schlagzeilen zu entnehmen:

»Die Kurstadt hat durch den fragwürdigen Handel mit den Wertpapieren der Salbader Klinik womöglich Millionenverluste an Vermögenswerten erlitten. In einer Sondersitzung der SPD-Gemeinderatsfraktion am Donnerstagabend beschlossen die sozialdemokratischen Räte, ihr bisheriges Stillschweigen aufzugeben und massiv gegen das Stadtoberhaupt vorzugehen. Man will sich jetzt an das Landratsamt in Heilbronn und an das Stuttgarter Regierungspräsidium wenden. Gedacht ist dabei auch an eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Inzwischen wird zunehmend deutlich, daß es bei der Aktion, die den Kapitalgebern überdurchschnittliche Renditeraten bringen sollte, nicht nur Gewinner, sondern auch einen Verlierer gibt – nämlich die Stadt und die ihr gehörenden Kurbetriebe.

Auf 4,7 Millionen D-Mark beziffert ein Raffnauer Bankkaufmann die Vermögensverluste für die öffentliche Hand in einer 13-seitigen Abhandlung, die jetzt erneut die Stadträte aufschreckte. Gleichzeitig hätten die privaten Geldanleger, die 1,5 Millionen D-Mark zur Kapitalerhöhung einbrachten, einen Vermögensgewinn von satten neun Millionen D-Mark gemacht.

Angekreidet wird in diesem Zusammenhang Bürgermeister Zimpelmann, daß er sich nicht um eine stärkere kommunale Beteiligung an der AG bemüht habe und lieber den Bekannten- und Verwandtenkreis zum Zuge kommen ließ. So sei auf das gesetzlich verankerte Vorkaufsrecht für die Aktien verzichtet worden, ohne überhaupt die Beschlußgremien der Kur- und Klinikverwaltung sowie der Bürgervertretung zu fragen.

Vorzugsaktien im Nennwert von 776 000 D-Mark hätten der Stadt bzw. ihren Kurunternehmen zugestanden. Weil diese Wertpapiere nun in privater Hand seien, entgehe der Kommune ein jährlicher Gewinn aus den Aktien, der auf fast 90 000 D-Mark geschätzt wird.

Kurz gefaßt: Fährt die Salbader Klinik einen Überschuß ein, dann profitieren davon in erster Linie die privaten Aktionäre; wenn es aber ein Minus gibt, habe die öffentliche Hand wegen eines Verlustübernahmevertrags mit der Schwatzburg-Klinik das Defizit zu tragen. Für die neuen Aktionäre jedoch sei das Geschäft ohne Risiko.«

Als Bemerkung zwischendurch sei gestattet: Genau das ist die Methode, wie die Umverteilung von Unten nach Oben funktioniert. Wobei tunlichst darauf geachtet wird, nicht offsichtlich gegen Gesetze zu verstoßen. Diese Gesetze werden eh – wie gerade zelebriert – zur Wahrung des Standorts Deutschland – wie es so schön heißt – also zum Nutzen und Frommen der Unternehmer abgeändert.

So sollen die Unternehmensbesteuerung wie Gewerbekapital- oder Vermögenssteuer abgeschafft und die Steuersätze der Spitzenverdiener gesenkt werden. Manch einem mag das alles noch nicht reichen. Deswegen sind auch die weiteren Ausführungen dieses Zeitungsartikels so brisant.

»Im gleichen Zusammenhang soll bei dieser Gelegenheit nachgefragt werden, ob Bürgermeister Zimpelmann seine Tantiemen, die er als Vorsitzender in den verschiedenen Verwaltungsräten erhielt, pflichtgemäß an die Stadtkasse abführte. Die Beträge summieren sich auf rund 48 000 D-Mark im Jahr, wobei dem Gemeindechef nach der Nebentätigkeitsverordnung ein Freibetrag in Höhe von 10 800 D-Mark zusteht. Der Rest, also etwa 37 000 D-Mark, ist an den Dienstherrn abzuführen.

Nach Angaben des Landratsamtes sind die Nebentätigkeiten korrekt gemeldet. Im Etat der Stadt finden sich unter der Position »Ersätze und ähnliche Einnahmen«, unter denen die Rücküberweisungen gewöhnlich verbucht werden, jedoch nur Beträge. die zwischen 830 und 16 700 D-Mark in den inzwischen abgerechneten Jahren 1991 bis 1994 schwanken.«

Wer also die Enthüllungen über den Aktiendeal in den Regionalzeitungen, aber auch in der überregionalen Presse und in zahlreichen Radioberichterstattungen der letzten Wochen aufmerksam verfolgt hat, wird zu der Überzeugung gekommen sein, daß die Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH mit den ihr angeschlossenen Unternehmen ein ausgesprochen kompliziertes Beziehungsgeflecht darstellt.

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Bizarr verschachteltes Firmengeflecht zur Renditemaximierung für Insider nebst Befriedigung ihrer Geltungssucht

Dieses verschachtelte Gebilde wollen wir Euch heute einmal ausführlich aufbereiten. Entscheidend ist dabei die Beteiligung der Stad Bad Raffnur an der Holding der Kur- und Klinikververwaltung Bad Raffnur GmbH – eben der Dachgesellschaft:

Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH (1977)

Besitzverhältnisse: 99,83 % Stadt Bad Raffnur, 0,17 % Schwatzburg Klinik

Kontrollorgan: Verwaltungsrat, bestehend aus 13 Mitgliedern, davon 9 aus dem Gemeinderat: 4 CDU, 4 SPD, 1 GAL und 3 private Anteilseigner (?), einer davon stellv. Vorsitzender, sowie einem Vorsitzenden: Bürgermeister Zimpelmann, CDU

Geschäftsführung: zwei gleichgestellte Geschäftsführer, Kurdirektor Max Krux und kfm. Direktor Franz Deppling

Gegenstand des Unternehmens: Verwaltung und Steuerung der Kur-, Bäder- und Klinikbetriebe

Betriebsteile: Verwaltung, Verkehrsamt, Kurgärtnerei, Therapiezentrum, Haus der Gesundheit, Gästehaus Schlamperle

Konzerntöchter:

Schwatzburg Klinik GmbH (1963)

Besitzverhältnisse: 54,6 % KuK, 12,5 % Stad Bad Raffnur, 32,9 % Private, davon Voba 5 %(75 TDM), Kraichgau (7 TDM)

Kontrollorgan: Verwaltungsrat, bestehend aus drei privaten Anteilseignern und einem Vorsitzenden: Bürgermeister Zimpelmann

Geschäftsführung: Alleiniger Geschäftsführer Kurkdirektor Max Krux

Gegenstand des Unternehmens: Errichtung und Erhaltung einer Rehabilitationsklinik.

Betriebsteile: keine

Salbader Klinik AG (1969/95)

Besitzverhältnisse: Vor dem Aktiengeschäft (1995) 77,56 % KuK/Stadt Bad Raffnur, 22,44 % Private, nach dem Aktiengeschäft 38,78 % KuK/Stadt Bad Raffnur, 61,22 % Private

Kontrollorgan: Ausichtsrat, bestehend aus zwei privaten Anteilseignern und einem Vorsitzenden: Bürgermeister Zimpelmann

Vorstand: Alleiniger Vorstand Kurdirektor Max Krux

Gegenstand des Unternehmens: Errichtung und Erhaltung von Rehabilitations- und Präventionseinrichtungen

Betriebsteile: Salbader Klinik, Punkklinik, Stimmhallzentrum inkl. Saline I - IV, Pachtvertrag mit KuK

Kultklinik Bad Rappenau GmbH (1976)

Besitzverhältnisse: 78,68 % Schwatzburg Klinik GmbH, 21,32 % Private, davon Voba 4,4 % (176 TDM)

Kontrollorgan: Verwaltungsrat, bestehend aus drei privaten Anteilseignern und einem Vorsitzenden: Bürgermeister Zimpelmann

Geschäftsführung: Alleiniger Geschäftsführer Kurdirektor Max Krux

Gegenstand des Unternehmens: Errichtung und Erhaltung von Rehabilitationseinrichtungen

Betriebsteile: Kultklinik Bad Raffnur GmbH, Hautklinik

Die Herrschaft über diese vier Unternehmen: Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH, Schwatzberg Klinik GmbH, Salbader Klinik AG und Kultklinik Bad Raffnur GmBH liegt in den Händen von lediglich zwei Personen, zum einen dem Geschäftsführer in sämtlichen Unternehmen, Herrn Kurdirektor Max Krux, und zum anderen dem Vorsitzenden in sämtlichen Aufsichtsrats- und Verwaltungsgremien, Herrn Bürgermeister Gerd Zimpelmann.

Im Hintergrund agiert als graue Eminenz – ganz gewiß nicht als graue Maus – der Wirtschaftsprüfer Herr Werber, der dieses Imperium zusammenzimmerte. Ein Leserbriefschreiber, dem man sicherlich einiges an Hintegrundwissen zutrauen kann, bewertete in der RNZ vom 4. Januar 96 seine Aktivitäten wie folgt:

»Die Aktienaffäre trägt eindeutig die Handschrift von Wirtschaftsprüfer Werber, der seit vielen Jahren die KuK berät. Alle seine Vorschläge wären (so sagt man) juristisch immer einwandfrei, aber alle waren auch immer am Rande der (Steuer-)Legalität. Das zeigt sich daran, daß seine gewagten Konstruktionen, die stets beachtliche Honorare einbrachten, immer wieder geändert werden mußten, wenn der Fiskus Lunte roch.«

Neben diesen drei Hauptverantwortlichen sind noch die beiden Privataktionäre, Herr Bestech und Herr Hohlmann, die in sämtlichen Aufsichtsgremien jeweils als stellvertretende Vorsitzende alternierend vertreten sind, bestens informiert.

Neben diesen vier Unternehmen, für die dieser Betriebsrat gemeinsam gewählt wurde, gibt es noch weitere Konzerntöchter. Am interessantesten ist dabei Sofis-Friesen-Klinik:

Sofis-Friesen-Klinik (1994)

Besitzverhältnis: 100 % Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH

Kontrollorgan: Verwaltungsrat der KuK-Holding (?)

Geschäftsführung: Herr Haendel, Verwaltungsleiter der Kultklinik, und Dr. Schnitzel als Chefarzt

Gegenstand des Unternehmens: Betrieb einer geriatrischen Rehabilitationsklinik sowie die Erledigung sämtlicher mit der Patientenbetreuung zusammenhängender Aufgaben

Pachtvertrag wegen der Räumlichkeiten und diverser Dienstleistungen mit der Kurklinik

Und was noch wichtig ist: Bei der SLK handelt es sich um eine gemeinnützige Gesellschaft, daß heißt sie darf keine Gewinne erzielen, sehr wohl aber dürfen Verluste gemacht werden; insoweit ist sie für private Anteilseigner uninteressant, denn da gibt es nichts direkt abzukassieren.

KGB Kurbau-GmbH & Co nebst KBG Kurbau Verwaltungs GmBH

Besitzverhältnis: Gesplittet zu je 20 % auf Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmBH, Schwatzburg Klinik GmBH, Salbader Klinik AG, Kultklinik Bad Raffnur GmBH und Kurhotel-Verwaltung GmBH nebst Kurhotel GmBH & Co

Kontrollorgan: Verwaltungsrat, Vorsitzender Bürgermeister Zimpelmann

Geschäftsführung: Herr Förderer,

Gegenstand des Unternehmens: Errichtung und Verwaltung von Gebäuden im Kurbereich sowie sonstiger Gebäude auf eigene Rechnung

Auch hier können durch an Dritte abfließende Beträge Verluste entstehen, die der Konzern als Ganzes auszugleichen hat.

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Ermunterung der Verwaltungsräte durch den Betriebsrat, ihren Aufsichtspflichten gegenüber der Geschäftsleitung zu genügen

Zu Recht werdet Ihr jetzt sicherlich fragen, was hat denn der Betriebsrat in dieser ganzen Angelegenheit bisher unternommen. Wir waren nicht untätig und schrieben schon am 11. Januar 1996 unter dem Betreff: »Aufsichtspflicht des Verwaltungsrats gegenüber der Geschäftsleitung der Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH und deren angeschlossenen Unternehmen. Hier: Umwandlung der Salbader Klinik GmbH in eine AG und Kapitalaufstockung der Salbader Klinik AG« einen sehr umfangreichen Brief an sämtliche Verwaltungsratsmitglieder, aus dem ich hiermit wichtige Passagen zitiere:

»In den zurückliegenden Jahren hat der Betriebsrat schon mehrfach die Aufsichtspflichten der Verwaltungsratsmitglieder angesprochen und rechtsbelehrend Hilfestellung geleistet. Unser diesbezüglicher Schriftverkehr läßt sich bis zum 31. Januar 1992 zurückverfolgen.

Damit unsere Holding keinen wiedergutzumachenden Schaden erleidet, wollen wir Sie nochmals in Stichworten auf Ihre wesentlichen Pflichten als Verwaltungsratsmitglieder aufmerksam machen:

  1. Überwachung der Geschäftsführung (§ 52 Abs.1 GmbHG, § 111 Aktiengesetz);
  2. Sorgfaltspflicht bei der Kontrolle der Gesellschaft;
  3. Prüfung der Jahresabschlüsse, des Geschäftsberichtes und der Gewinnabführungsvorschläge.

Desweiteren ist die besondere Situation der Schwatzburg Klinik zu beleuchten, die aus historischen Bezügen heraus einen Sonderstatus einnimmt.

Zum einen war dieses Unternehmen bis 1990 durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der KuK verbunden. Zum anderen hatte die Schwatzburg Klinik ebenfalls bis 1990 gegenüber der Salbader Klinik und der Kultklinik AG einen Unternehmensvertrag in Form eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages.

Im Jahr 1990 wurden sämtliche Beherrschungsverträge aufgehoben, womit die drittelparitätische Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen in sämtlichen Aufsichtsratsgremien ausgehebelt und somit gleichzeitig eine verläßlich kontrollierende Personengruppe ausgeschaltet worden ist.

Anschließend waren die privaten Kapitaleigner alleinbestimmend, obwohl sie nicht einmal die Mehrheit des Stammkapitals gezeichnet hatten und haben. Von den 40 Millionen D-Mark Stammkapital sind als echtes Privatkapital nicht einmal 4 Millionen D-Mark – also weniger als zehn Prozent – auszumachen.

Die neueste Entwicklung zur weiteren Bevorzugung der Privaten wurde nun erstmals mit der Umfirmierung der Salbader Klinik GmbH in eine AG vorgezeichnet.

Bis Mai 1995 verfügte die Salbader Klinik über ein Stammkapital in Höhe von 1,515 Mio. DM, daß sich lt. Diagramm zu 77,56 % im Besitz der Schwatzburg Klinik – also mehrheitlich der Stadt Bad Raffnur – und zu 22,44 % im Besitz von Privaten befand. Auch in diesem Unternehmen wurde die personelle Besetzung im Verhältnis 75 % zu 25 % zugunsten der Privaten verschoben. Lediglich der Bürgermeister war wieder als Vorsitzender zur Interessenvertretung der Gemeinde präsent.

En passant sei nur erwähnt, daß sich seit 1990 die Verwaltungsratsbezüge vervielfachten, sodaß die einzelnen Mitglieder für vier Sitzungen pro Jahr heuer die stattliche Summe von 6.000,00 D-Mark vergütet bekommen.

Da es sich bei den Verwaltungsratsmitgliedern aus dem Kreis der privaten Anteilseigner um immer die gleichen Personen handelt, kommt eine ganz beachtliche Summe zusätzlich zu den ebenfalls seit 1990 erheblich gestiegenen Dividenden zusammen, die sich derzeit wohl auf 12 % belaufen.

Da ergeben sich ganz zwanglos Fragen wie: Wer überprüft da eigentlich die Gewinnabführungsvorschläge? Oder: Bekommt die KuK/Stadt Bad Raffnur, die ja mit Abstand den größten Kapitalgeber darstellt, ähnlich hohe Dividendenzahlungen ausgeschüttet? Oder: Wäre es nicht sinnvoll und angemessen, entsprechend der prozentualen Kapitaleinlagen die Verwaltungs- und Aufsichtsgremien personell zu besetzen?

Für Bürgermeister Zimpelmann, der übrigens in sämtlichen Verwaltungs- und Aufsichtsräten als Vorsitzender fungiert, errechnen sich nach unserem Kenntnisstand Bezüge in Höhe von satten 48.000,00 D-Mark.

Auch hier erheben sich Fragen: Stehen ihm diese Bezüge ohne jeglichen Abzug zu? Sind in der Gemeindeordnung Vorschriften vorfindbar, wonach diese Abzüge im Einzelnen definiert sind?

Nach diesen Ausführungen läßt sich zumindest vermuten, daß im Unternehmensverbund der KuK über Jahre hinweg die kommunale Verantwortlichkeit und Kontrolle zugunsten privater Vorteilnahme ausgehöhlt worden ist.

Auch ist eine massive Machtkonzentration in den Händen von Bürgermeister Zimpelmann als jeweiligem Verwaltungs- und Aufsichtsratsvorsitzenden und Kurdirektor Krux als jeweiligem Geschäftsführer und Vorstand nicht zu übersehen.

Nur so ist es möglicherweise auch zu erklären, daß die für die Konditionen der Aktienaufstockung verantwortlichen Personen sich oder ihre Verwandtschaft bevorzugt bedienen konnten. Und nur weil es sich bei diesem Aktiendeal um nicht öffentlich gehandelte Wertpapiere drehte, kommen die Strafbestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes nicht zum Tragen, worüber die Beteiligten wohl genauestens informiert waren.

Dabei fällt einem sehr schnell der Name von Herrn Franz Steinkühler ein, der, nachdem seine ebenfalls nicht strafrechtlich verfolgbaren Aktiengeschäfte ruchbar wurden, immerhin so viel Anstand bewahrte, auf seine Aufsichtsratstätigkeit und auch sein Amt als IG-Metall-Vorsitzender zu verzichten. Diese Handlungsweise bewies Stil, weswegen ihm unsere Achtung gebührt.

Bleibt nur noch zu erwähnen, daß der Betriebsrat gegenüber der Geschäftsführung mit Schreiben vom 27. April 1995 (Anlage 3) bereits schon den Vorschlag unterbreitete, nach Umwandlung der Salbader Klinik GmbH in eine AG den Aufsichtsrat zu einem Drittel mit Vertretern aus der Arbeitnehmerschaft zu besetzen.

Dazu bedarf es nur einer geringfügigen, rechtlich jedoch statthaften Änderung der Satzung der Salbader Klinik AG. Unser Vorschlag lautet:

»Der Aufsichtsrat setzt sich aus sechs (drei) Personen zusammen, wobei ein Drittel mit Vertretern der in der KuK beschäftigten Arbeitnehmerschaft zu besetzen ist.«

Auch ließ der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten die Geschäftsleitung in der auf den 4. Mai 1995 anberaumten Beratungssitzung wissen, daß es zur Motivationssteigerung der ArbeitnehmerInnen dienlich wäre, klein gestückelte Belegschaftsaktien auszugeben.

Dieser Vorschlag kann nun wieder aufgegriffen werden, nachdem Bürgermeister Zimpelmann ja zu verstehen gab, »Aktien im Wert von 200.000,00 D-Mark, die seine Frau und sein Schwiegervater erworben haben, wieder verkaufen zu wollen.«

Um den Anlegerkreis für die Belegschaftsaktien groß genug fächern zu können, sollte erwogen werden, ob nicht Wirtschaftsprüfer Werber und die Betriebsangehörigen, Kurdirektor Krux und der für die Baurechnungen zuständige Technische Leiter Forderer, davon zu überzeugen sind, ihre Aktienpakete mit 10 %igen Abschlag – sozusagen aus Gründen der moralischen Läuterung – wieder abzugeben.

Abschließend wollen wir noch festhalten, daß uns sehr daran gelegen ist, die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Unternehmensorganen wie Verwaltungs- und Aufsichtsräten auf- und auszubauen. Der Betriebsrat würde sich deswegen erfreut zeigen, wenn ihm vom Verwaltungsratsseite aus ein Gesprächsangebot unterbreitet würde.

So jedenfalls könnte das Motto, unter dem dieser Betriebsrat zu seiner Wiederwahl angetreten ist und gemäß dem er zu handeln pflegt, zum Wohl aller mit der KuK-Holding verbundenen Gremien und Personen mit noch mehr Leben angefüllt werden: »Mehr Demokratie am Arbeitsplatz wagen««

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Unternehmensführung nach altbewährtem Muster: Patriarchalischer Mief, hierarchische Ordnung, autoritäre Amtsanmaßung

Zur Abrundung dieses Informationszyklusses möchten wir noch aus unserem – in deutlicher Sprache abgefaßten – Schreiben an Bürgermeister Zimpelmann vom 29. Januar 96 zitieren, zu dem er, wie Ihr anfangs schon gehört habt, knapp bemerkte »mit Interesse habe ich Ihr Schreiben gelesen«:

»Wie wir aus der lokalen Medienberichterstattung der letzten Wochen entnehmen konnten, mußten Sie wegen des von einem kleinen Kreis bestinformierter und bevorzugter Insider initiierten Aktiendeals bezüglich der Salbader Klinik AG böse Schläge einstecken. Das war sicherlich nicht Ihre Absicht, wohl aber mit ein Ergebnis Ihrer unzulänglichen Informationspolitik gegenüber dem Verwaltungsrat der Kur- und Klinikverwaltung Bad Rappenau GmbH als oberstem Aufsichtsgremium.

Bedauernd können wir ebenfalls nur konstatieren, daß Sie unser vielfach vorgetragenes Angebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Betriebsrat bisher so arrogant ausgeschlagen haben. Als einem erfahrenen Verwaltungsbeamten müßte Ihnen mittlerweile der Wert und der Nutzen einer partnerschaftlichen Unternehmensführung offenbar geworden sein.

Damit Sie sich einmal in aller Ruhe so Ihre Gedanken über die moderne neoliberale Unternehmenskultur machen können, listen wir Ihnen im Überblick die wichtigsten Elemente solch zukunftsorientierter Unternehmensstrategie auf:

Bei ernsthafter Abwägung dieser Kriterien werden auch Sie dann schnell konstatieren, daß in unserem Unternehmensverbund eher noch der Mief patriarchalischer Führung, hierarchischer Ordnung und autoritärer Amtsanmaßung durch die Flure wehte und weht.

Das muß sich ändern, damit nicht wieder, wie von Ihnen zu Recht hervorgehoben, tiefgreifende Fehlentscheidungen »in einer nie dagewesenen Hektik« und unter »schlechter Beratung« gefällt werden. Deswegen sollten Sie unserem schon mehrfach anempfohlenen Ratschlag folgen und, bevor Sie wieder einmal ohne umfassende Unterrichtung und Erörterung in einer Nacht- und Nebelaktion »weitreichende Beschlüsse« der Verwaltungsratsmitglieder exigieren, den Betriebsrat vor allem wegen der anstehenden Fragen zu den kleingestückelten Belegschaftsaktien und der drittelparitätischen Besetzung der Aufsichts- und Verwaltungsratsgremien mit Vertretern aus der Arbeitnehmerschaft einladen und anhören.

Erfolgreiche und prosperierende Unternehmen wie S.A.P., Walldorf, zeichnen sich gerade dadurch aus, daß sie die Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Belegschaftsmitglieder als Markenzeichen von Partnerschaft pflegen und fördern.

Mittlerweile wird in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen unisono festgestellt, daß sich Unternehmen mit Gewinn- und Kapitalbeteiligung durch ein insgesamt besseres Leistungsverhalten der Arbeitnehmerschaft auszeichnen, wenn diese Konzeption gleichzeitig mit weitgehender Entscheidungsbeteiligung und vertrauensvoller Zusammenarbeit für alle Beschäftigten verbunden wird.

Nur so kann die für das Überleben eines Unternehmens allseits gepriesene, wertvollste Ressource – das Humankapital – voll ausgeschöpft werden.

Da auch Sie mittlerweile zu der Überzeugung gelangt sind, die nächste Kapitalerhöhung breiter zu streuen, schlagen wir vor, daß der Verwaltungsrat der Geschäftsleitung den Auftrag erteilt, mit dem Betriebsrat umgehend die Verhandlungen über das Prozedere wegen der Belegschaftsaktien und der drittelparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft im Unternehmensverbund aufzunehmen.

Wir möchten Ihren in der Zeitung veröffentlichten Worten gern Glauben schenken: »Einem Bürgermeister kann auch mal ein Mißgeschick unterlaufen«. Sie weisen auch schon den richtigen Weg, indem Sie auf die »schlechte Beratung«, die Ihnen die Odenwald Treuhand GmbH andiente, aufmerksam machten.

Auch wenn der Krug schon zerbrochen ist, sollte der Verwaltungsrat zumindest im nachhinein seiner Aufsichtspflicht genügen und, wie von uns im Schreiben vom 11. Januar 1996 schon angefordert, die zuständige Wirtschaftsprüferkammer umgehend über diesen Vorfall unterrichten und eine standesrechtliche Abklärung einfordern, ansonsten bleibt der Makel von Filz und Selbstbedienungsmentalität am Verwaltungsrat kleben.

Hier ist ein radikaler Neuanfang unerläßlich. Wir schlagen deswegen dem Verwaltungsratsgremium vor, daß sich sämtliche in der Holding verbundenen Unternehmen von den sowieso überteuerten Diensten der Odenwald Treuhand GmbH trennen.

Damit nun endlich die vertrauensvolle Zusammenarbeit von den für unsere Unternehmen gleichermaßen verantwortlich zeichnenden Gremien – Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und Betriebsrat – tatsächlich im allseitigen Einvernehmen mit Leben erfüllt werden kann, möchten wir Ihnen als Verwaltungsratsvorsitzendem der Kur- und Klinikverwaltung Bad Raffnur GmbH abschließend den Vorschlag unterbreiten, unsere erste Betriebsversammlung 1996 als ein Forum zu nutzen, um die zurückliegenden Verfehlungen bezüglich des Salbader Klinik-Aktiendeals vor der Belegschaft schonungslos aufzudecken und mit uns Lösungsvorschläge anzudiskutieren, wie diese Zusammenarbeit gedeihlich gelingen kann.«

Diese Chance wurde wieder einmal vertan, weil auch in dieser Angelegenheit wohl nach der langjährig bekannten politischen Maxime »Probleme auszusitzen« gehandelt wird.

Wir hielten es für erforderlich, Euch einmal aus unserer Sicht über diesen Aktiendeal zu unterrichten, auch wenn er gesamtgesellschaftlich betrachtet letztendlich nur die bescheidenen Stilmittel für eine Kleinstadtklamotte hergibt. Deswegen haben wir fast unseren gesamten Tätigkeitsbericht diesem einen Thema gewidmet.

Abschließend wollen wir nur noch ein Thema aufgreifen, weil wir uns dabei – und letztlich seid auch Ihr damit betroffen – ganz besonders gelinkt fühlten. Es geht um die Hintergründe zur Weihnachtsgratifikation 1995.

Ihr erinnert Euch vielleicht noch. Mit seiner Mitarbeiterzeitung Nr. 29 unterbreitete uns Kurdirektor Max Krux im September 1996 seinen Vorschlag zur Weihnachtsgratifikation:

»Schließlich und letztlich beschäftigen wir uns derzeit auch mit den Modifikationen einer Sonderzahlung (Weihnachtsgeld). Entgegen der bisherigen Zahlungsweise, die ohne jeglichen Leistungsanreiz erfolgte, wollen wir in diesem Jahr die Zahlung am Leistungsbeitrag des einzelnen Mitarbeiters orientieren. Die notwendigen Gespräche werden wir mit dem Betriebsrat führen und sofern keine unerfüllbaren Vorstellungen geäußert werden, auch zum Abschluß bringen.«

Zu dieser Zeit im September 1995 war der Aktiendeal schon längst abgewickelt und waren die Weihnachtspräsente für die Insider und die traute Verwandtschaft reichlich verteilt. In unserer letzten Betriebsversammlung 1995 kommentierten wir das diesbezügliche Verhandlungsergebnis.

Um aber die Auszahlung der Weihnachtsgratifikation zu erwirken, mußten wir, umschreiben wie es einmal so, als Kröte schlucken, daß für das Weihnachtsgeld 1996 eine leistungsabhängige Komponente eingeführt werden soll.

Wir können es heute in aller Deutlichkeit sagen, die Geschäftsleitung hat uns seinerzeit geleimt, denn Ihr Auftrag lautete per Beschluß des Aufsichtsrats der Salbader Klinik AG vom 3. Juli 1995 unter Punkt 7 der Tagesordnung wie folgt:

»Herr Krux informiert die Aufsichtsratsmitglieder darüber, daß jährlich mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation abgeschlossen wird, deren Höhe sich nach der Belegung der durch die Gesellschaft vorgehaltenen Patientenbetten errechnet.

Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat stehen nunmehr wieder an. Da die Salbader Klinik aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen voraussichtlich eine Belegung von ca. 80 % erreichen wird, wäre hier eine entsprechend niedrigere Grafikation zu bezahlen, während bei den anderen Kliniken wegen der guten Belegung 100 % zur Auszahlung kämen.

Herr Krux bittet um Zustimmung, auch den Mitarbeitern der Salbader Klinik eine volle Gratifikation auszahlen zu können, da sie den Umbau und damit die Unterbelegung nicht zu verantworten haben. Hierüber wäre dann noch eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abzuschließen.

Nach eingehender Diskussion ist der Aufsichtsrat mit der Bezahlung einer vollen Weihnachtsgratifikation an die Mitarbeiter der Salbader Klinik einverstanden. Die Mitarbeiter der Salbader Klinik sollen nicht durch die Umbaumaßnahme benachteiligt werden.«

Und dann wird der Betriebsrat auf dem gemeinsamen Seminar mit der Geschäftsleitung im November 1995 wie ein Tanzbär am Nasenring vorgeführt. Das hältst du im Kopf nicht aus.

Mag sein, daß diese naßforsche Handlungsweise mittlerweile den hemdsärmeligen, profitfixierten Zeitgeist der neureichen Kaufmannsgilde typischerweise charakterisiert, wir bedauern ihn, und wenn wir auch als konservative Wertebewahrer verhohnepipelt werden sollten, diese Handlungsweise erachten wir als sittenwidrig.

Und so komme ich zum Schluß und möchte mich für Eure langanhaltende Aufmerksamkeit recht herzlich bedanken.

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